erstellt am: 19 Dez, 2014 | Kategorie(n): Stellungnahmen

Stellungnahme des Jugendhilfswerks zur öffentlichen Erklärung der Fanszene und Fraktionen zu Meldeauflagen und Betretungsverboten in Freiburg

In der letzten Woche veröffentlichten Freiburger Fangruppen eine gemeinsame Stellungnahme mit Lokalpolitikern verschiedener Parteien. In der Stellungnahme reagieren sie auf langfristig durch “die Polizei des öffentlichen Amtes für Ordnung” ausgesprochene Meldeauflagen und Betretungsverbote für Mitglieder der Freiburger Fanszene (corrillo.org/gemeinsame-erklaerung-zu-meldeauflagen-und-betretungsverboten-von-sc-freiburg-fans). Nun beziehen auch die Kolleginnen und Kollegen des Fanprojekts Freiburg mit ihrem Träger, dem Jugendhilfswerk Freiburg e.V., Stellung zu den erneut über mehrere Monate verhängten Maßnahmen.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte teilt die fachliche Einschätzung des Fanprojekts Freiburg vollkommen und unterstützt daher ihr Engagement, die einseitige Handlungsweise dieser gravierenden Einschränkungen der Bewegungsfreiheit aufzubrechen und damit eine möglichst objektive und realistische Betrachtung der jeweiligen Fälle zu erreichen.

Die Stellungnahme des Fanprojekts Freiburg im Wortlaut:

“Das Jugendhilfswerk Freiburg e.V. als Träger des Fanprojekts Freiburg möchte sich mit dieser kurzen Stellungnahme aus pädagogischer Sicht zum Thema Meldeauflagen und Betretungsverbote äußern.
Mit unseren nun fast zwei Jahren Erfahrung in der Fanarbeit in Freiburg erleben wir die organisierte Freiburger Fanszene („Ultraszene“) als kreativ, friedlich und vor allem sozial engagiert. Ausnahmen zu diesem Gesamteindruck gibt es, sind aber aus unserer Sicht gering.

Erfahrungsgemäß können reine „Ausschlussmaßnahmen“ wie z.B. Meldeauflagen und Betretungsverbote zu Ausgrenzung und Isolierung der jungen Menschen führen und sorgen letztlich dafür, dass diese nicht mehr von Jugendhilfeeinrichtungen ein –und aufgefangen werden können. Gerade bei Jugendlichen und jungen Heranwachsenden sollten immer auch pädagogische Angebote mitgedacht und eingesetzt werden, wenn es um die Aufarbeitung oder Vermeidung neuer Straftaten geht.

Seit Jahren macht das Jugendhilfswerk mit Angeboten wie Betreuungsweisungen oder dem Täter-Opfer-Ausgleich äußerst positive Erfahrungen in diesem Zusammenhang. (Diese Angebote basieren auf dem Grundgedanken des Jugendstrafrechts: „Die Anwendung des Jugendstrafrechts soll vor allem erneuten Straftaten eines Jugendlichen oder Heranwachsenden entgegenwirken. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die Rechtsfolgen und unter Beachtung des elterlichen Erziehungsrechts auch das Verfahren vorrangig am Erziehungsgedanken auszurichten.“ §2, Absatz (1), JGG)

Aus pädagogischer Sicht sollten Meldeauflagen als präventive Möglichkeit, Gewalttaten oder ähnliche gefährliche Situationen in Zukunft zu verhindern, erst am Ende eines Prozesses stehen- mit umfassenden und ganzheitlichen Blick auf die entsprechenden Personen. Da es sich bei den Meldeauflagen um einen massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte junger Menschen handelt, bedarf es eines sorgsamen und verantwortungsvollen Verfahrens, an dem der Betroffene selbst sowie alle relevanten Akteure in diesem Zusammenhang gehört werden sollten.

In diesem Kontext möchte sich das Fanprojekt Freiburg als professioneller Vermittler anbieten.

– Beteiligung am „Verfahren Meldeauflagen“

Das Fanprojekt Freiburg bietet sich in vermittelnder Rolle als Gesprächspartner für Polizei und das Ordnungsamt an. Aus pädagogischer Sicht würde unsere Beteiligung an diesem Prozess das Bild, welches das Ordnungsamt über betreffende Personen benötigt, um Entscheidungen treffen zu können, komplettieren.

Unserer Einschätzung nach ist es von Bedeutung, dass Betroffene in einer Anhörung Stellung zu den Vorwürfen beziehen können. Gerade für jugendliche Fans sind Beteiligung und Transparenz entscheidend, um z.B. zu den Themen Selbstreflexion und nachhaltiger Verhaltensänderung arbeiten zu können.

– Den Dialog suchen

Das Fanprojekt ist auf verschiedenen Ebenen im Netzwerk tätig und im regelmäßigen Austausch mit den relevanten Akteuren. Seit gut anderthalb Jahren gibt es keinen ausreichenden Dialog mehr zwischen Polizei und aktiver Fanszene. Aus Sicht des Fanprojektes wäre dieser Austausch jedoch erforderlich, um wieder Schritt für Schritt aufeinander zugehen zu können. Auch an diesem Punkt bietet sich das Fanprojekt allen relevanten Akteuren als Vermittler an, um gemeinsam an konstruktiven Lösungen zu arbeiten.

Fanprojekt Freiburg
Carlos Mari  (Geschäftsführer Jugendhilfswerk)
Mirko Schumacher (Leiter Jugendarbeit)


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