erstellt am: 19 Feb, 2020 | Kategorie(n): BAG Allgemein

Bündnis für ein Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit gegründet


Am 28. Januar 2020 wurde in Frankfurt am Main das Bündnis für ein Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit gegründet. Zahlreiche bundesweite und überregionale Institutionen der Sozialen Arbeit streiten von nun an gemeinsam für diese wichtige Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeitern.
Das Bündnis für ein Zeugnisverweigerungsrecht erhebt folgende Forderungen:

1. Reform des § 53 StPO durch Aufnahme der Mitarbeiter*innen der Sozialen Arbeit in die geschützten Berufsgruppen des § 53 Abs. 1 StPO.
2. Zusätzliche Aufnahme entsprechender Verschwiegenheitspflichten als arbeitsrechtliche vertragliche Nebenpflichten in die Arbeitsverträge aller Mitarbeiter*innen der Sozialen Arbeit.
3. Bis zur Realisierung einer Reform des § 53 StPO werden die Arbeitgeber aufgefordert, die bestehenden Möglichkeiten zur Nichterteilung einer Aussagegenehmigung in vollem Umfang auszuschöpfen. Die Bereitstellung eines rechtsanwaltlichen Zeugenbeistands für betroffene Mitarbeiter*innen muss obligatorisch sein.

Gründungsmitglieder des BfZ sind:
• Bundesarbeitsgemeinschaft Streetwork / mobile Jugendarbeit
• Deutscher Berufsverband für Soziale Arbeit – DBSH
• Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte
• Bundesarbeitsgemeinschaft „Ausstieg zum Einstieg“
• ado – Arbeitskreis der Opferhilfen in Deutschland
• Bundesarbeitsgemeinschaft Offene Kinder- und Jugendeinrichtungen e.V.
• AWO-Passgenau e.V. (Trägerverbund der AWO-Fanprojekte)
• Koordinationsstelle Fanprojekte bei der dsj – KOS

Als Sprecher wurden Michael Leinenbach (DBSH) und Matthias Stein (BAG Fanprojekte) gewählt.

Praktiker*innen und Berufsverbände sehen seit Jahrzehnten die Notwendigkeit der Einführung eines Zeugnisverweigerungsrechts für Sozialarbeiter*innen. Dessen Fehlen erweist sich insbesondere in jenen Arbeitsfeldern als besonders problematisch, in denen die Adressat*innen vermehrt dem Verdacht ausgesetzt sind, Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten zu begehen. Probleme gibt es auch in Arbeitszusammenhängen, in denen Sozialarbeiter*innen regelmäßig im Kontakt mit den Strafverfolgungsbehörden stehen. Schon in Kommentierungen zum SGB VIII wird unterstrichen, dass das fehlende Zeugnisverweigerungsrecht ein Rudiment aus Zeiten sei, „in der das Jugendamt noch als Bündnis für ein Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit (BfZ) ‚Helfer des Gerichts‘ angesehen wurde“.[1] Ein aktuelles Rechtsgutachten[2] unterstreicht die Dringlichkeit des Anliegens.

Vor dem Hintergrund einer immer schwieriger werdenden Lage im Arbeitsfeld wurde bereits 2014 eine Arbeitsgruppe mit Praktiker*innen aus dem Feld der Fanprojektarbeit ins Leben gerufen, die um Vertreter*innen aus der Wissenschaft, der Trägerlandschaft sowie Praktiker*innen aus angrenzenden Bereichen der aufsuchenden Arbeit bzw. der Arbeit mit sogenannter schwieriger bzw. gefährdeter Klientel erweitert wurde und mit der analytischen Betrachtung des praktischen, berufspolitischen und juristischen Umfelds der Fanprojekte und im Weiteren auch der Sozialen Arbeit mit auffälligen Jugendkulturen begann.
Im Wissen um die zentrale Bedeutung eines Zeugnisverweigerungsrechts haben nunmehr die Bundesverbände verschiedenster Felder der Sozialen Arbeit beschlossen, in Vertretung Ihrer Mitglieder, der Sozialarbeiterinnen und Sozialarbeiter, die durch das Fehlen eines Zeugnisverweigerungsrechts konkret Betroffene der jetzigen Regelung sind, das Bündnis für ein Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit (BfZ) zu gründen.

Frankfurt am Main, den 07.02.2020

Kontakt:
Sprecher BfZ

Michael Leinenbach office@michael-leinenbach.de
0176-22993243

Matthias Stein
ms@fanprojekt-jena.de
03641- 478590
_________________________________________________________________________
Deutschsprachige Definition Sozialer Arbeit
„Soziale Arbeit fördert als praxisorientierte Profession und wissenschaftliche Disziplin
gesellschaftliche Veränderungen, soziale Entwicklungen und den sozialen Zusammenhalt sowie die Stärkung der Autonomie und Selbstbestimmung von Menschen.
Die Prinzipien sozialer Gerechtigkeit, die Menschenrechte, die gemeinsame Verantwortung und
die Achtung der Vielfalt bilden die Grundlage der Sozialen Arbeit.
Dabei stützt sie sich auf Theorien der Sozialen Arbeit, der Human- und Sozialwissenschaften
und auf indigenes Wissen. Soziale Arbeit befähigt und ermutigt Menschen so, dass sie die
Herausforderungen des Lebens bewältigen und das Wohlergehen verbessern, dabei bindet sie
Strukturen ein.“[3]
_______________________________________________________________________________
Weiterführende Links:
https://www.kos-fanprojekte.de/fileadmin/user_upload/material/Zeugnisverweigerungsrecht/ZEUGNISVERWEIGERUNGSRECHT-Gutachten_KOS.pdf
https://www.dbsh.de/fileadmin/redaktionell/pdf/Profession/Zeugnisverweigerungsrecht/Broschuere_Zeunigsverweigerungsrecht_2019_Wien.pdf
_________________________________________________________________________
Fußnoten:
[1] T. Trenczek, vor §§ 50 – 52, in: J. Münder u.a., Frankfurter Kommentar SGB VIII. Kinder- und Jugendhilfe, 7. Auflage, Baden-Baden 2013, Rz 38
[2] Prof. Dr. Peter Schruth / Prof. Dr. Titus Simon, „Strafprozessualer Reformbedarf des Zeugnisverweigerungsrechts in der Sozialen Arbeit – am Beispiel der sozialpädagogischen Fanprojekte im Fußball“, Frankfurt am Main 2018
Bündnis für ein Zeugnisverweigerungsrecht in der Sozialen Arbeit (BfZ)
[3] Deutschsprachige Definition Sozialer Arbeit des Fachbereichstag Soziale Arbeit und DBSH, verabschiedet am 10. Juni 2016

Download Pressemitteilung: 200207_Pressemitteilung_Gründung BfZ


Startseite Nach oben Seite Drucken