Am vergangenen Montag haben wir in einer ersten Stellungnahme die Aufarbeitung der Ereignisse rund um das Spiel der SG Dynamo Dresden gegen Türkgücü München vom 16.05.2021 angekündigt. Die Hintergründe der Eskalationen sind vielfältig. Die folgenden Ausführungen stellen für uns keine abschließende Bewertung dar, sondern sollen vielmehr Ausgangspunkt für weitere Analysen gemeinsam mit verschiedenen relevanten Akteuren, z.B. Verein, Fans, Polizei und Stadt, dienen.
Aktuelles
Fanprojekt Dresden – Rückblick auf die Geschehnisse am 16.05.2021
PM: BAG begrüßt neue Beschlüsse zur Fanprojektfinanzierung
Die Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte (BAG) begrüßt die neuen Beschlüsse des DFB-Präsidiums bezüglich der Fanprojektfinanzierung.
Am 11. September 2020 beschloss der DFB zunächst, die Finanzierung der Fanprojekte bis Mitte des Jahres 2022 auf dem Ausgabenniveau von 2020 einzufrieren und keine neuen Fanprojekte in seinem Zuständigkeitsbereich zu finanzieren. Das hätte einige Standorte unmittelbar vor Haushaltsschwierigkeiten gestellt und teils weit fortgeschrittenen Gespräche zur Neugründung – gerade in Ingolstadt- ad absurdum geführt.
Die aktuelle Finanzierungsrichtlinie hat nun Gültigkeit bis Ende 2022. Bis dahin wird es keine Kürzungen geben. Der DFB beteiligt sich weiterhin mit 50% an der Finanzierung der Fanprojekte. Zudem wurde beschlossen, dass die Einrichtung neuer Fanprojektstandorte wie beispielsweise Ingolstadt oder Würzburg möglich sind.
Dieser Beschluss sichert vorerst nicht nur die Fanprojekte, die in die Zuständigkeit des DFB fallen (alle Fanprojekte mit einem Bezugsverein unterhalb der ersten beiden Ligen), sondern ist insbesondere eine wichtige Grundlage für die weiterführenden intensiven Diskussionen und Prozesse, um die Fanprojektarbeit auch über das Jahr 2022 hinaus zu sichern und das einzigartige Netzwerk der sozialpädagogisch arbeitenden Fanprojekte zu stärken. Am Ende dieses Prozesses muss unweigerlich eine bedarfsgerechte Förderung aller Fanprojekte nach dem NKSS stehen.
Einmal mehr wird deutlich, wie wichtig die Soziale Arbeit mit Fußballfans und die Anliegen der Fans in der Vergangenheit waren, heute sind und auch in der Zukunft bleiben müssen. Unabhängig der Spielklasse des Bezugsvereins der Fans und der Fanprojekte.
BAG Sprecher*in
Sophia Gerschel und Christian Keppler
„Immer wieder Dynamo“ – Dokumentation über weibliche Dynamo-Dresden-Fans
Anlässlich des Internationalen Frauentages wird die Dokumuntation „Immer wieder Dynamo“ vom Fanprojekt Dresden veröffentlicht. In diesem knapp einstündigen Film werden elf weibliche Dynamo-Fans im Alter von 19 bis 59 Jahren im Interview-Stil porträtiert. Dabei gewähren sie individuelle Einblicke in ihre Fan-Erlebnisse, stellen ihr vielfältiges Engagement für den Fußballverein SG Dynamo Dresden und seine Fankultur dar und erklären ihre schwarzgelbe Leidenschaft. Auch kritische Anmerkungen fehlen dabei nicht. In einem männlich geprägten Fußballmilieu sind Frauen oft unterrepräsentiert bzw. werden kaum wahrgenommen. Diese Leerstelle möchte der Film „Immer wieder Dynamo“ für den Standort Dresden zu einem Teil schließen.
BAG der Fanprojekte zum Abschlussbericht der DFL „Task Force Zukunft Profifußball“
Am Mittwoch, den 3. Februar 2021, hat die DFL den Abschlussbericht der „Task Force Zukunft Profifußball“ vorgestellt. Die Einrichtung dieser Task Force erfolgte als Reaktion auf die Aktivitäten verschiedener Fanorganisationen. „Der grundsätzliche Gedanke, Wünsche und Anregungen von Fans ernst zu nehmen und sogar eigens eine Task Force für einen Austausch zur Zukunft des Profifußballs einzurichten, vermittelte Hoffnung in Bezug auf Veränderungen im Fußball im Sinne der Zuschauer*innen und Fans“, so Sophia Gerschel, die Sprecherin der Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte (BAG). Schließlich hatten mehrere Teilnehmer*innen aus Fankreisen diesen Prozess maßgeblich vorangetrieben und mit Inhalten gefüllt. Umso erstaunlicher ist es aus unserer Sicht, dass im Rahmen der PK an die Niederlagenkompetenz der Teilnehmer*innen appelliert wurde. „Die von den Fans investierte Zeit, Nerven und Arbeit in Projekte ist Wertzuschätzen, und nicht durch unglückliche Formulierungen abzumildern,“ so die 35jährige Fansozialarbeiterin. Es gelte, den nicht zu unterschätzenden Beitrag der Fans und Fanszenen stärker hervorzuheben.
Die von allen Seiten gelobten konstruktiven Diskussionsbeiträge und thematischen Auseinandersetzungen innerhalb der Task Force machen deutlich, dass dieser Abschlussbericht allenfalls ein Zwischenfazit sein kann und keineswegs alle Themen nennen kann, die in den Runden der Task Force angesprochen wurden.
„Es gilt nun, was Herr Seifert in der Pressekonferenz formuliert hat: der Fußball wird gemessen an der Umsetzung des angestoßenen Prozesses und den daraus resultierenden Reformen“, so Gerschel weiter und begrüßt die von der DFL formulierte Fortführung des Prozesses.
Qualität mit Siegel Bestätigung für die gute Arbeit der Fanprojekte
Nichts ist so gut, dass es nicht verbessert werden könnte. Das gilt auch für die sozialpädagogische Fanarbeit. Dafür wurde 2010 ein Konzept zur Qualitätssicherung eingeführt, inzwischen ist der zweite Prüfzyklus abgeschlossen. 60 Fanprojekte haben bis September 2020 das Qualitätssiegel „Fanprojekt nach dem Nationalen Konzept Sport und Sicherheit (NKSS)“ erhalten.
Wie lässt sich die Qualität von Sozialarbeit mit Fußballfans, also die Kerntätigkeit der Fanprojekte, bewerten, evaluieren, verbessern? Um diese Frage zu beantworten, wurde 2010 das Qualitätssiegel „Fanprojekt nach dem Nationalen Konzept Sport und Sicherheit (NKSS)“ eingeführt. Bis 2015 wurden 51 Fanprojekte in einem ersten Zyklus geprüft und erfolgreich zertifiziert. Nun ist im September 2020 der zweite Prüfzyklus, dem ein Pilotprojekt vorgeschaltet war, abgeschlossen. Auch diesmal haben alle 60 untersuchten Fanprojekte das Qualitätssiegel erhalten. Anders als im ersten Durchgang wurde die Datenerhebung von einem externen und unabhängigen Institut, dem Centrum für Evaluation (CEval GmbH) aus Saarbrücken, durchgeführt. Hat ein Fanprojekt den Prozess erfolgreich abgeschlossen, behält das Qualitätssiegel für drei Jahre seine Gültigkeit.
Stellenausschreibung: Fanprojekt Freiburg
Die Kolleg*innen des Fanprojekts Freiburg suchen eine Verstärkung für ihr Team. Alles weitere dazu findet ihr unter:
https://www.internationaler-bund.de/ib-gruppe/stellenboerse/jobdetails/260-118506687-00002125-294865555
Sophie von La Roche-Preis 2020 für Antje Hagel vom Fanprojekt Offenbach
Das Fanprojekt Offenbach freut sich über die Auszeichnung der Stadt Offenbach am Main an Antje Hagel. Die Leiterin des Fanprojekts Offenbach erhält den Preis in Anerkennung und Würdigung ihres herausragenden Engagements für die Gleichstellung von Frauen und Mädchen sowie den Abbau von Stereotypen und gegen Sexismus, Rassismus und Diskriminierung im Fußball aus.
Die Auszeichnung, die dem Lebenswerk der Schriftstellerin Sophie von La Roche gewidmet ist, wird alle zwei Jahre verliehen und ist mit einem Preisgeld von 1.500 Euro dotiert. Die Preisverleihung fand am späten Freitagnachmittag in Corona bedingtem kleinen Kreis statt. Nach der Begrüßung durch die Stadträtin Marianne Herrmann und die Laudatio von Steffie Wetzel, Erzieherin, ERWIN-Mitherausgeberin und OFC-Fan aus Leidenschaft, überreichte Marianne Herrmann den Sophie von La Roche-Preis 2020 im Namen des Magistrats der Stadt Offenbach.
Antje Hagel ist studierte Kultur- und Politikwissenschaftlerin und gründete mit Andreas Lampert und Volker Goll bereits 1994 das unabhängige Fan-Magazin der Offenbacher Kickers „ERWIN“. Auch auf ihr Betreiben hin, steht der ERWIN bis heute für eine offene und vielfältige Fankultur, in der jede und jeder – bestenfalls frei von Diskriminierung – seinen Platz hat.
Stellungnahme Netzwerk Frauen im Fußball F_in:
Freispruch in 2. Instanz im Falle der mutmaßlichen Vergewaltigung in einem Gladbacher Sonderzug
Ungewollte sexuelle Handlungen können Leben zerstören.
2018 gab eine Frau bei der Polizei an, in der Toilette eines Fanzuges vergewaltigt worden zu sein. Schon damals hat das F_in Netzwerk Stellung dazu bezogen und darauf hingewiesen, wie gängig verschiedene Formen sexualisierter Gewalt im Fußball sind und dass es Veränderungen bedarf.
Was ist seither passiert? Zunächst wurde der Angeklagte 2019 für schuldig gesprochen und zu einer Haftstrafe von drei Jahren und neun Monaten wegen Vergewaltigung und gefährlicher Körperverletzung (gegen eine andere Person) verurteilt. Er war bereits für weitere Gewaltdelikte sowie eine Vergewaltigung vorbestraft. Nun wurde das Urteil in der zweiten Instanz zurückgenommen und der Mann freigesprochen. Der Grund: Nach Ansicht der Strafkammer war für den Mann nicht ersichtlich, dass die Frau keinen Sex wollte.
Wir. Sind. Fassungslos. (mehr …)
Positionspapier der Bundesarbeitsgemeinschaft Streetwork/ Mobile Jugendarbeit e. V.
[…] Die Fachkräfte von Streetwork/ Mobiler Jugendarbeit stehen den Adressat*innen als verlässliche Ansprechpartner*innen zur Seite und pflegen den Kontakt. Ziel ist es, weder den Zugang noch den Kontakt zu den Adressat*innen zu reduzieren oder gar zu verlieren und – auch für neue Kontakte – präsent und ansprechbar zu sein. Die Kontaktaufnahme und -pflege findet derzeit sowohl über digitale Kanäle als auch über „Face-to-Face“-Begegnungen statt. Dabei entwickeln die Fachkräfte einerseits neue, kreative Ideen und innovative Lösungen und schaffen es andererseits „klassische“ Methoden des Arbeitsansatzes bedarfsorientiert und bedarfsgerecht an die aktuelle Situation anzupassen. Die in den fachlichen Standards1 formulierten, handlungsleitenden Arbeitsprinzipien gelten auch in Zeiten von Corona:
Aufsuchende Arbeit im öffentlichen Raum
Durch die Aufsuchende Arbeit im öffentlichen Raum werden Menschen erreicht, die sich dort nach wie vor häufig aufhalten, insbesondere auch diejenigen, die über digitale Angebotsformate nicht oder nur schwer erreicht werden können oder auch wollen. Die Fachkräfte sind im Sozialraum präsent und ansprechbar und leisten gezielt Aufklärungs-, Informations- und Unterstützungsarbeit bis hin zur Krisenintervention vor Ort.
Für die Aufsuchende Arbeit im öffentlichen Raum gilt es – wie auch in Zeiten vor Corona – keine ordnungspolitischen Aufträge anzunehmen. Verstöße gegen Aufenthalts- und Ausgangsbeschränkungen oder Kontaktverbote zu melden, zu kontrollieren oder gar Sanktionen durchzusetzen, gehört nicht zum Aufgabenprofil sozialpädagogischer Fachkräfte. Ein solches Vorgehen stellt die auf Vertrauen basierte Beziehung zwischen der Fachkraft und den Adressat*innen in Frage und ist nicht mit den fachlichen Arbeitsprinzipien vereinbar. […]
PM: Fanprojekte raten zu Dialog statt voreiligen Schlüssen
Karlsruhe / Jena 27.04.20
PM: Fanprojekte raten zu Dialog statt voreiligen Schlüssen
Unabhängig der Entscheidung, ob es Geisterspiele geben wird oder nicht, ist es sicherlich nicht zielführend, Zukunftsszenarien zu konstruieren, die tendenziell in eine Richtung gehen: Vorverurteilung einer ganzen gesellschaftlichen Gruppe. Niemand kann im Moment sagen, wie es im Fußballgeschäft weitergehen wird. Alle interessierten Parteien warten auf die behördlichen Entscheidungen. (mehr …)